Noch immer erleben viele Angehörige der Sinti und Roma in Deutschland Ausgrenzung, Diskriminierung und offene Ablehnung. Dabei ist Antiziganismus – also die spezifische Form von Rassismus gegen Sinti und Roma – tief in gesellschaftlichen Strukturen verwurzelt. Das multimediale Aufklärungsprojekt von PINOT – Jüdische Bildungsbausteine gUG will das ändern. Es schafft Raum für Aufklärung, Empathie und neue Perspektiven – mit einer Kombination aus historischer Bildung, Zeitzeug:innenarbeit und kreativem Austausch.
Geschichte begreifen – Stimmen hörbar machen
Im Mittelpunkt steht ein Workshop für Schulklassen im Main-Kinzig-Kreis. Die behandelten Themen reichen von der Geschichte der Sinti und Roma über ihre Verfolgung in der NS-Zeit bis hin zur aktuellen Lebenssituation in Deutschland. Ergänzt werden die Inhalte durch interaktive Methoden, Videos, Zeitzeugeninterviews und Infografiken – bereitgestellt u. a. vom Landesverband deutscher Sinti und Roma Hessen und der MIA-Meldestelle für antiziganistische Vorfälle.
Zusätzlich kommt der Autor und Referent Louis Pawellek mit seinem Buch über Agnes Geißler, eine Sintezza und Überlebende der NS-Zeit, an die Schule. In Lesungen, persönlichen Einblicken und offenen Diskussionen vermittelt er ihre Geschichte aus erster Hand. So begegnen die Schüler*innen Geschichte nicht nur im Schulbuch, sondern durch Stimmen, Bilder und Erfahrungen, die berühren und nachhaltig wirken.
Gegenwart reflektieren – Verantwortung übernehmen
Doch das Projekt schaut nicht nur zurück – es stellt auch die Gegenwart in den Fokus. Welche Vorurteile bestehen heute? Wie äußert sich Antiziganismus im Alltag, in Medien oder sogar in staatlichen Institutionen? Gemeinsam erarbeiten die Jugendlichen, wie sie selbst Vorurteile hinterfragen, Empathie zeigen und als Botschafter*innen für Vielfalt aktiv werden können. In kreativen Aufgaben – etwa dem Schreiben eines Briefs an eine fiktive Person aus der Sinti- oder Roma-Community – setzen sie sich persönlich mit dem Erlebten auseinander.
Den Abschluss bildet eine öffentliche Abendveranstaltung mit Lesung und Podiumsdiskussion. Hier können auch Eltern, Lehrkräfte und Interessierte ins Gespräch kommen, Fragen stellen und ihre Erfahrungen teilen. Ziel ist es, generationsübergreifend ins Nachdenken und ins Handeln zu kommen – für eine offene Gesellschaft, in der alle ihren Platz haben.
Das Projekt rückt eine marginalisierte Minderheit ins Zentrum, gibt Betroffenen eine Stimme und fordert dazu auf, Diskriminierung nicht länger hinzunehmen. Dabei bleibt es nicht bei Appellen – es geht um echte Begegnung, kritisches Denken und konkrete Impulse für Veränderung.
Ein Projekt, das bewegt – und sichtbar macht, was viel zu oft übersehen wird.